2005

DIE ROTE ROSA von Ronald Pohl
Eigenproduktion Theater Drachengasse, Koproduziert mit dem Verein Frontzement

Regie: Andrea Hügli
Ausstattung: Nikolaus Granbacher
Video: Petra Zöpnek
Rechte liegen beim Autor
Es spielen: Petra Weimer, Christine Franz, Horst Heiß, Thomas Hinrich, Steffen Höld
Premiere: 18.05.2005

KRITIKEN:
Leibarzt am Weimarer Republikskörper
Wien - Im unmittelbaren Schock des Zweiten Weltkrieges schon suchte Alfred Döblin nach den Geburtsfehlern der Weimarer Republik. Einer Republik, die im zurückgelassenen Vakuum eines Kaiserreichs und auf den Trümmern einer gescheiterten Revolution ihre furchtbaren Standbeine errichtet hat. Die Romantetralogie November 1918, geschrieben ab 1938 im Exil, führt u. a. an der radikalsozialistischen Schar um Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht das Scheitern des Menschen als und an der Masse vor.
In vier Bänden kreist Döblin in parallel montierten, fiktional- historischen Handlungssträngen den Krater dieser vorprogrammiert gescheiterten Revolution ein. Zwei davon (Verratenes Volk und Karl und Rosa) hat STANDARD- Theaterkritiker Ronald Pohl von diesem Wundarzt der Weimarer Republik zur Bearbeitung ausgeliehen und auf die Figur Luxemburgs fokussiert: Die rote Rosa. Die Uraufführung dieser Theaterballade findet am Dienstag in einer Inszenierung Andrea Hüglis am Theater Drachengasse statt.
Die 33-jährige Schweizer Regisseurin, seit Jahren in der Wiener Off-Szene tätig: "Rosa Luxemburg war eine gesellschaftlich denkende Frau, da interessiert weniger der feministische Diskurs. Das Stück ist eine Erinnerung daran: Wir sollten - z. B. in puncto Osterweiterung - mehr an gesellschaftliche Integration denken. Was aber hauptsächlich umgesetzt wird, sind staatlich gelenkte Wirtschaftspläne. Und die Völker? Auf schöne Art lehrt uns dieser Text das Nachdenken darüber."
Pohl zieht aus Figurenleben und Konstellationen des weitläufigen Textmaterials Döblins jeweilige momenthafte Wahrheiten hinüber in schmale, strenge jambische Pfade. Er bringt in lyrischem Tonfall Textförderbänder ins Laufen, die - ganz ähnlich dem radikalsatirischen Ausgangsroman - in einer Semantik der Passion synchrone Querschnitte einer (imaginierten) Geschichte als Metaphernakkumulation aufreißen. Ein Revolutionsdisput: "jäger runge: ich sag euch was ein revolutionär/ an kieman spart muss er ans schnaufen wenden/ hat euch kein marx die lungen ausgeweitet/ euch bläschen vorgemacht aus luft und geist/ zeitungsjunge: von nix kommt eben nix sprach flugs die nixe/ hüpfte ins kühle nass und brach sich den hals" (Die Leiche Luxemburgs wurde in den so genannten Landwehrkanal geworfen).
Im Blankversmaß (nicht nur) spürt ein Fünfertrupp Schauspieler - Petra Weimer, Christine Franz, Horst Heiß, Thomas Hinrich und Steffen Höld - ab heute der Ungeordnetheit der (damaligen) Verhältnisse nach. Wie geht die Regisseurin an die Jamben heran? "Ich will solche kunstvollen Texte ins Theater hineinreklamieren! Schön ist, wenn die Wörter auch bleiben dürfen. Und ich will so Gusto machen auf eine exemplarisch ,übersetzte' Geschichte." (DER STANDARD, Printausgabe, 17.05.2005) Von
Margarete Affenzeller

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